So, mal nicht wer-weiß-wo unterwegs, sondern in der Heimat.
Dresden - Du meine Güte, was für eine geschichtsträchtige Stadt! Moment, keine Panik, wir werden nicht ausschweifend, großes Indianer-Ehrenwort. Aber bisken über eine Stadt des Heimatlandes wissen hat doch auch was. Und wer weiß, vielleicht ist Euch auch schon längst alles bekannt. Aaalso -
Fangen wir ganz harmlos mit dem Dresdner Stollen an (für Essen und vor allem Süßes sind wir immer zu haben.). Den kennt doch jeder, oder Ihr etwa nicht?! Also bitte, wenn selbst wir als Stofftiere den kennen! Dresdner Stollen ist ein besonders gehaltreicher Butter-Rosinen-Stollen. Die Bezeichnungen Dresdner Stollen, Dresdner Christstollen und Dresdner Weihnachtsstollen wurden im Jahr 2010 auf Antrag Deutschlands (!) als geschützte geographische Angabe nach europäischem Recht eingetragen. Diese Bezeichnungen dürfen nur Stollen tragen, die im Großraum Dresden hergestellt werden, und außer in Dresden selbst noch in Moritzburg, Radebeul, Arnsdorf, Ottendorf-Okrilla, Radeburg, Coswig, Pirna, Wachau, Freital, Radeberg, Weinböhla und Heidenau. Gemäß der Produktspezifikation dürfen Dresdner Stollen nicht in Formen gebacken werden und müssen auf 100 Teile Mehl mindestens 50 Teile Butter, 65 Teile Sultaninen, 20 Teile Orangeat und/oder Zitronat (auf beides können wir gerne verzichten, bäh) und 15 Teile Mandeln enthalten. Margarine sowie künstliche Konservierungsstoffe und Aromen sind verboten. Außerdem unterliegen Beschriftung und Gestalt der Verpackung bestimmten Vorschriften (und in Vorschriften sind wir Deutschen ja besonders gut, puh). Tjä, das ist doch mal Marketing. Bei unserer Recherche zum Stollen sind wir außerdem auf folgendes gestoßen: Ein Rosinenstollen mit besonders vielen Rosinen nennt sich Flüsterstollen. Weshalb? Die Rosinen liegen so dicht beieinander, dass sie miteinander flüstern könnten. Äh, also wir haben unsere Ohren ganz dicht drangehalten ... die flüstern so leise, dass man rein gar nix hört. Und wenn es einen Flüsterstollen gibt, tatsächlich, gibt es auch Schreistollen! Und die haben, klar, viel zu wenige Rosinen. Gebt zu, dass war für Euch auch neu.
Wer von Euch weiß denn woher der Name Dresden kommt? Ha! Dresden ist abgeleitet vom altsorbischen Drežďany für Sumpf- oder Auwaldbewohner, was eine ursprünglich slawische Siedlung vermuten lässt. ??? Auwaldbewohner??? Hobbits! Tolkien! Von wegen slawisch! Bilbo und Frodo Beutlin, Sam, Merry und Pippin stammen also aus Dresden, wer hätte das gedacht.
Dann lasst uns weiter in die Geschichte Dresdens eintauchen ('tschuldigung, wird doch mehr als gedacht). Urkundlich erwähnt wurde Dresden erstmal 1206. Es entwickelte sich über die Jahrhunderte zur kurfürstlichen und später sogar königlichen Residenz. Und damit springen wir auch schon gute 500 Jahre in der Geschichte weiter. Da lebte und wirkte (wirkte? Von werkeln? Hobbyhandwerker? Ne, der hat Aufträge erteilt und beim Werkeln zugeguckt.) Kurfürst August der Starke von Sachsen .Hui, der war nicht nur an Kunst interessiert, der hat mit seinem Sinn fürs Schöne aus Dresden eine prunkvolle barocke Metropole gemacht. Und wie das so ist mit Kaisern, Königen und eben auch Kurfürsten, hat sich der August selbst ein Denkmal gesetzt:
Silhouette erkannt? Hach, Joachim Witt hat ja schon die Auflösung geliefert, doofe Frage. Der Goldene Reiter ist aus Kupfer und mit Blattgold beschichtet, man und August gönnt sich ja sonst nix.
Leider hat sich der August nicht nur mit Ruhm bekleckert. Abgesehen von Kriegen ist er mit seiner großen Liebe völlig daneben ... uns fehlen die Worte. Um wen es geht? Anna Constantia Reichsgräfin Cosel. Als ihm nicht mehr alles von und mit ihr in den Kram passte (also doch nix mit großer Liebe), hat er sie als Gefangene ohne Urteil auf eine Festung namens Stolpen verbannt. Dort war sie, haltet Euch fest, 49 Jahre bis zu ihrem Tode gefangen, und das sogar 32 Jahre nach dem Tode Augusts! Es gibt übrigens ein tolles Buch was darüber erzählt: Die Frau im Turm von Viola Roggenkamp, am besten merken für uselige Herbsttage.
Abgesehen vom Goldenen Reiter gibt es in Dresden die dollsten Bauwerke, zum Beispiel diese beiden:
Habt Ihr die Gebäude erkannt? Links der Zwinger, rechts die Semperoper. Und nein, der Zwinger ist kein Hunde-Zwinger, sondern ein Gebäudekomplex mit Gartenanlagen. Der Name Zwinger geht auf die im Mittelalter übliche Bezeichnung für einen Festungsteil zwischen der äußeren und inneren Festungsmauer zurück. Die Semperoper ist hingegen nach ihrem Architekten benannt, Gottfried Semper, und keineswegs barock, sondern Neurenaissance. Zur Semperoper kommen wir sogar später nochmal.
Ja und da war da noch Friedrich, der Schiller. Der hat in Dresden das Gedicht "An die Freude" geschrieben, was wiederum der Ludwig, genau Beethoven, später vertont hat und heute die Europahymne ist.
Und wieder ein mehrjähriger Jahundertsprung (Ihr seht, wir versuchen wirklich uns kurz zu fassen). Ein berühmter Dresdner iiist ... Erich Kästner! Hach, wir liiieben seine Bücher! Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton, Das doppelte Lottchen, Das fliegende Klassenzimmer und nicht zu vergessen Drei Männer im Schnee (gucken wir mit ihr immer Weihnachten).
Und schon sind wir im hier und jetzt: Heute ist Dresden Landeshauptstadt des Freistaates Sachsen sowie die östlichste Großstadt Deutschlands. Wirtschaftlich bedeutend sind unter anderem die Informationstechnik und Nanoelektronik, weshalb es sich auch als Zentrum von Silicon Valley (falsch, ganz falsch) „Silicon Saxony“ positioniert. Das ist ein eingetragener Verein, der sich als Netzwerk der sächsischen Mikroelektronik-, Halbleiter-, Photovoltaik- und Softwarebranche versteht, aha.
Lasst mal gucken, was steht noch auf unserem Spickzettel? Von 2004 bis 2009 Weltkulturerbestätte der UNESCO. Hä? Wieso nur bis 2009? Tja, dumm gelaufen, wegen des Baus der Waldschlößchenbrücke. Damit verlor Dresden als einzige Stätte weltweit (!!!) den Titel als Weltkulturerbe.
À propos "Brücke", räusper - räusper ... wir waren schon ewig nicht mehr in ... Venedig! Zuletzt in » 2015 in Kopenhagen, zuvor » 2013 in Stockholm und » Sankt Petersburg, und » 2012 in China und dem eigentlichen » Venedig. Denn Dresden wird wegen all seiner vielen Brücken auch als Venedig des Nordens bezeichnet! Darüber hinaus hat es noch den Beinamen Elbflorenz. "Elb" wegen der Elbe, die ja dort fließt, und "Florenz" als Würdigung der Kunstsammlungen Dresdens und seiner Architektur.
So, endlich geschafft, es geht los mit unserer Fotoreise und unseren Erlebnissen:
Das die Oper, also das Operngebäude, nach ihrem Architekten, dem Semper, benannt wurde, haben wir ja schon zu Beginn berichtet. Von 1838 bis 1841 errichtete Gottfried Semper zunächst ein königliches Hoftheater. Der Rundbau in den Formen der italienischen Frührenaissance wurde als eines der schönsten europäischen Theater berühmt. Am 21. September 1869 wurde das Gebäude dann bei einem Brand vollständig zerstört. Aber: Schon vier Wochen nach der Brandkatastrophe begannen die Bauarbeiten an einem Interimstheater am Zwingerwall hinter den Ruinen des alten Theaters. Nach nur sechs Wochen Bauzeit wurde die Spielstätte, die rund 1800 Besuchern Platz bot und im Volksmund den Beinamen „Bretterbude“ trug, mit Goethes Iphigenie auf Tauris am 2. Dezember 1869 eröffnet. Na, das nennen wir mal flott! Der eigentliche Neubau begann 1871. Da Gottfried Semper 1849 an Aufständen teilgenommen hatte in deren Folge er fliehen musste und kein Aufenthaltsrecht in Sachsen hatte, übernahm sein Sohn Manfred Semper die Bauleitung. Die Entwürfe für den Neubau lieferte aus der Ferne Gottfried Semper. Die Eröffnung der Staatsoper erfolgte am 2. Februar 1878 mit Carl Maria von Webers Jubelouvertüre und erneut mit Goethes Iphigenie (sollte es jemanden interessieren, kann ja sein: sie musste in der Oberstufe eine Deutsch-Klausur zum deus-ex-machina, was immer das sein mag, der Iphigenie schreiben). Tja, und dann kam der Zweite Weltkrieg. Infolge eines Luftangriffs brannte der Bau zu großen Teilen aus. Das Feuer zerstörte den Zuschauer- und Bühnenbereich und die Rückwand des Bühnenhauses stürzte ein. Nur die Wandelgänge blieben vom Feuer verschont. Also hieß es erneut 'Wiederaufbau', diesmal ohne die Sempers. Wieso? Also bitte, als mit den Planungen begonnen wurde wäre Gottfried bereits 143 Jahre alt und Manfred 108 Jahre alt gewesen. So kam ein Wolfgang Hänsch zum Zuge. Die Grundsteinlegung für das heutige Opernhaus war 1977. Am 13. Februar 1985, dem 40. Jahrestag der Zerstörung im Krieg, konnte die Semperoper mit Carl Maria von Webers Oper 'Der Freischütz' wiedereröffnet werden. Im Jahre 2002 wurde das Gebäude auch noch Opfer der Jahrhundertflut in Dresden. 27 Millionen Euro und drei Monate nach der Flutkatastrophe konnten Aufführungen wieder stattfinden, uff. Nun hoffen wir mal, dass die Semperoper endlich Ruhe vor Katastrophen hat und schauen uns mit Euch um:
Habt Ihr die VI und daneben die 55 über dem Bühnenvorhang gesehen? Das ist eine Uhr! Ja doch; die Stunden werden mit römischen Ziffern dargestellt, die Minuten mit arabischen. Alle fünf Minuten zählt die Uhr weiter. Als wir das Foto gemacht haben war es also fünf Minuten vor Sieben.
Am ersten Abend in Dresden ist sie zu einer Ballettaufführung, auf unseren Wunsch ohne uns. Äh, wieso? Ne, wir stehen immer noch nicht auf Tütüs, haben wir schon in der » Eremitage nicht, Mädchenkram. Für diejenigen, die wissen wollen, was gezeigt wurde - bitte schön:
Ein sinfonisches handlungsloses ( ts, na bitte, nix verpasst; handlungslos - nicht zu fassen) Ballett von George Balanchine zu Musik von Tschaikowskys, »Streicherserenade« op. 48
Justin Pecks »Rodeo: Four Dance Episodes«, basierend auf Aaron Coplands Ballett-Partitur »Rodeo or The Courting at Burnt Ranch«.
Das Ballett ist für eine Gruppe von 15 Herren und eine einzige Tänzerin konzipiert. Damit ist das Verhältnis umgekehrt zu den üblichen Choreographien. Ok, hätten wir uns für interessiert. Außerdem tragen die Jungs flotte Sportklamotten.
von Twyla Tharps zu Klangsphären von Philip Glass ... hrm, räusper ... Klangsphären? Hm, wer weiss wie der musikalische Lärm da arrangiert war.
Hach, das war unsers! 2014 haben wir die » Zauberflöte als Marionettenaufführung angeschaut, diesmal mit richtigen Zweibeinern auf ganz großer Bühne. Es war wunder-wunderschön! Überzeugt Euch selbst in zwei Minuten und 38 Sekunden, bitte schön -
Also Dresden war wirklich sehenswert. Du meine Güte, so viele tolle Bauwerke! Und so großzügige Plätze und Straßen! Von den ganzen historischen Ereignissen ganz zu schweigen. Ihr seht, auch die eigene Heimat ist bereisenswert, unbedingt!
Unser nächstes Ziel ist ... ne, verraten wir nicht. Sie übt jedenfalls schon fleissig die Sprache.
Auf bald, Euer
Kasimir, Cäsar, Fredi und Kerl